Wichtige neue Urteile zu Nachträgen und Bauzeitstörungen
Kein Geld ohne Aufgliederung der Verzögerungsursachen und Vorlage der Urkalkulation!
Auftragnehmern (AN) fällt es häufig schwer, die hohen Anforderungen an die bauablaufbezogene Darstellung Ihrer Mehrkostenforderungen gemäß § 6 Abs. 6 VOB/B 2012 bzw. Entschädigungen aus § 642 BGB wegen Bauzeitverzögerungen oder Beschleunigungen zu erfüllen. Bei Nachtragsaufträgen erhält der AN einen Anspruch
nach § 2 VOB/B 2012 nur, wenn er bei Beauftragung die Kosten wegen der damit verbundenen Bauablaufstörungen vorbehalten hat.
Der AN muss dem Auftraggeber (AG) nachweisen, welche Auswirkungen die Nachtragsbeauftragung und die Baubehinderungstatbestände auf den tatsächlichen Bauablauf haben. AN muss gegenüber stellen, wie er den Bauablauf im Einzelnen geplant hatte, also auch welche Teilleistungen aus dem Ursprungsauftrag er in welcher Zeit herstellen wollte. Dazu gehört insbesondere auch der Nachweis des AN, ob die vertraglich vorgesehene Bauzeit mit den Lieferzeiten für Material und dem Einsatz von Personal bei entsprechend sorgfältiger Planung hätte durchgeführt werden können. In diesen Zusammenhang gehört auch die Darstellung des ANs zu der Frage, ob einzelne Bauabschnitte möglicherweise hätten vorgezogen werden können oder eingesetzte Arbeitskräfte anderweitig hätten beschäftigt werden können. Dieser Darstellung ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen, wobei der Auftragnehmer die Behinderungstatbestände im Einzelnen aufführen muss und deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf schlüssig darlegen muss.
Entscheidend ist die zeitnahe und schlüssige Anzeige der Behinderungstatbestände und deren finanzielle, zeitliche und organisatorische Auswirkungen. Im Zeitalter elektronischer Datenübermittlung stellen diese Anforderungen keine unüberwindlichen Hürden dar. Häufig zeigen AN zwar Behinderungen an, vergessen jedoch den Wegfall der behindernden Umstände und die Wiederaufnahme der Arbeiten dem AG mitzuteilen. In der Konsequenz ist eine solche Behinderungsanzeige wertlos.
Ohne Vorlage der Angebotskalkulation werden Nachträge nicht vergütet. Der Urkalkulation ist eine neue Kalkulation für den geforderten Nachtragspreis gegenüberzustellen. Grundsätzlich gilt: „Guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis“. Ohne eine nachvollziehbare Darlegung der Preisgrundlagen, unter Rückgriff auf die (ursprünglich) kalkulierten Preisbestandteile (Einzelkosten der Teilleistungen, Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn) und einer entsprechenden Gegenüberstellung der (Nach)-Kalkulation kann der AG den Mehrvergütungsanspruch ablehnen. Der AN muss die Übergabe der Urkalkulation an den AG nachweisen können.
Praxishinweis:
AN müssen lückenlos dokumentieren und ihren Meldepflichten rechtzeitig nachkommen. Für die Darlegung der Mehrkostenansprüche aus Nachträgen nach § 2 bei einem VOB/B Vertrag und die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen nach den § 6 Abs. 6 VOB/B und § 642 BGB sind die Vorlage der Urkalkulation, eines Bauzeitenplanes bezogen auf Teilleistungen sowie Material- und Personaleinsatzplanung unentbehrlich.
Urteil OLG Dresden, Urteil vom 15.1.2015 - 9 U 764/14
Urteil OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2015 - 22 U 37/14
Urteil OLG Köln, Beschluss vom 27.10.2014 - 11 U 70/13
In unseren Seminaren erklären wir, wie Sie als AN den hohen Anforderungen an die bauablaufbezogene Darstellung Ihrer Mehrkostenansprüche erfolgreich nachkommen können.
Wir zeigen Ihnen Werkzeuge, mit denen Sie als AN Ihre Ansprüche aus Nachträgen und Bauablaufstörungen erfolgreich begründen und nachvollziehbar ermitteln können. Hartnäckige und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten sind damit vermeidbar.
München, im März 2015
BVM Bauvertragsmanagement GmbH